Sol LeWitt - Four Part Piece

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Seit 1992 hat die Stadt Ostfildern einen besonderen Bezug zum US-amerikanischen Künstler Sol LeWitt. Im Rahmen des internationalen Skulpturenprojekts „Platzverführung“ der KulturRegion Stuttgart konzipierte Sol LeWitt das Werk für Ostfildern an vier selbst ausgewählten Plätzen. Es kann als Symbol für die aus mehreren ehemaligen Gemeinden zusammengeschlossene Stadt gesehen werden. Der Standort am Ortsausgang Nellingens trägt den Titel „4 Walls forming
a Square“ und zeigt damit das zugrunde liegende Konzept. Vier quadratische Mauerscheiben ergeben rechtwinklig angeordnet eine kubische Form.
Solomon „Sol“ LeWitt (9. September 1928 – 8. April 2007) wird der Kunstrichtung des Minimal zugeordnet. Aus dem einfachen Modul eines Kalksandsteins entwickelte der Künstler für Ostfildern eine Vielzahl an Perspektiven und  gedanklichen Möglichkeiten. Da es sich um ein Werk handelt, bei dem der konzeptuelle Ansatz zählt, also die zugrunde liegende Idee, konnten die stark beschädigten Mauern in Abstimmung mit der Rechtsnachfolge des Künstlers 2021 neu errichtet werden. Das Konzept sah – wie bereits 1992/1993 – den Einsatz des örtlichen Handwerks vor. Das „Four Part Piece“ wurde 2021 ausschließlich mit Spendenmitteln aus den Reihen der Bürgerschaft neu errichtet.


Four Part Piece, Standort 1
Four Part Piece, Standort 2
Four Part Piece, Standort 3
Four Part Piece, Standort 4

Das vierteilige Werk entwickelt sich fortschreitend aus dem Grundmodul einer gemauerten Wandscheibe von 500 x 500 x 50 cm. Den Anfangspunkt bildet somit "Four-Part Piece 1: 5 Metre Square Wall" in Kemnat.

 

An eine Wandscheibe wird jeweils eine weitere an das Ende der vorangestellten Wandscheibe (identische Maße) hinzugefügt. Dadurch ordnet sich so auf einer quadratischen Grundfläche schrittweise eine Struktur an, die ein würfelförmiges Volumen umschließt.

Der Abstand zwischen den Wandscheiben beträgt jeweils 10 cm. Die Wandscheiben befinden sich im 90° Gradwinkel zueinander versetzt.

 

Da sich die einzelnen Wandscheiben nicht berühren, bleibt der Struktur trotz monumentaler Ausmaße ein durchlässiger Charakter erhalten. Die 10 cm breiten Abstände ermöglichen Durchblicke und Sichtachsen.  

 

"Four-Part Piece 4: 4 Walls forming a Square" in Nellingen grenzt durch die vier Wandscheiben einen nach oben hin offenen Raum ein, der ein Innen und Außen schafft.

Dieser Innenraum kündigt sich in den anderen Teilen bereits an. Er wird durch die schmalen Abstände für den Menschen nicht begehbar, aber durch die Einblicke erfassbar. Der Innenraum erweitert das Werk um eine zeitliche Dimension, die in der Sukzession nachverfolgbar wird.

 

In seiner Konzeption als logisch nachvollziehbares Modul-System steht "Four Part Piece" somit beispielhaft für das künstlerische Schaffen Sol LeWitts. In diesem System werden in sich autonome Teile nach festgelegten Regeln in einer mathematisch ermittelbaren Summe von Möglichkeiten miteinander kombiniert. Diese Teile lassen immer wieder andere Variationen entstehen.

 

Die höhere Bedeutung misst der Künstler dabei nicht der konkreten Ausführung, sondern der zugrundeliegenden Idee bei. Der künstlerische Ansatz wird durch die monumentale Ausführung als Freiluft-Installation im öffentlichen Raum in Architektur übertragen.

"Die interessanteste Eigenschaft des Kubus ist, dass er relativ uninteressant ist. Im Vergleich zu anderen dreidimensionalen Formen fehlt ihm jegliche aggressive Kraft, er impliziert keine Bewegung, er ist die unemotionalste aller Formen.

 

Er ist daher die Form, die sich am besten als Basiseinheit für kompliziertere Funktionen eignet, als grammatisches Hilfsmittel, von dem die Arbeit ausgehen kann.

 

Weil er ein universell anerkannter Standard ist, wird vom Betrachter keine Intention verlangt. Man versteht sofort, dass der Würfel einen Würfel darstellt, eine geometrische Figur, die unbezweifelbar sie selbst ist. Durch die Verwendung des Würfels vermeidet man die Notwendigkeit, eine andere Form zu erfinden, und behält sich seine Verwendung für die Erfindung vor."[Aus: Sol LeWitt "Der Kubus" 1966]

Sol LeWitt hat als Standorte bewusst die Hauptverbindungsstraßen zwischen den Stadtteilen, den ursprünglichen vier Gründungsdörfern der 1975 neu entstandenen Stadt Ostfildern, gewählt:

  • zwischen Scharnhausen und Kemnat
    (eine Wandscheibe)
    Four-Part Piece 1: 5 Metre Square Wall:
    Plieninger / Reutlinger Straße

  • zwischen Ruit und Scharnhausen
    (zwei über Eck gestellte Wandscheiben)
    Four-Part Piece 2: 2 Walls 5 Metre Square, perpendicular at the Corners: Scharnhauser Straße

  • zwischen Heumaden und Ruit
    (aus drei Wandscheiben zusammengesetzt)
    Four-Part Piece 3: 2 Walls perpendicular to one at two Corners:
    Stuttgarter Straße / Möhringer Weg

  • zwischen Ruit und Nellingen
    (Kubus aus vier Wandscheiben)
    Four-Part Piece 4: 4 Walls forming a Square:
    Rinnenbach- / Kreuzbrunnenstraße


Über den Künstler

Sol LeWitt definierte seine Kunst im Gegensatz zur optisch orientierten "Wahrnehmungskunst" als "begrifflich", da sie für den Betrachter vornehmlich in geistiger Hinsicht interessant sei. Hierbei steht die Idee bzw. das Konzept eines Werkes im Vordergrund.

Der Künstler fand durch seine Werke weltweite Anerkennung. Seine Werke waren mehrfach im Museum of Modern Art in New York und auch bei der documenta 4 bis 7 in Kassel ausgestellt.

Sol le Witt, _Four part piece_, Modelle